Werdegang

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Volksmusik groovt. Das tut sie tatsächlich. Man muss nur die Ohren offen halten, jenseits von Stadlromantik und Traditionalistenkorsett, und schon trifft man unweigerlich: den Niederbayerischen Musikantenstammtisch. Schon seit 2003 ist der – rund um eine Kernbesetzung - oft aus spontan verfügbaren Dauermitgliedern zusammengesetzte Haufen junger Musikanten unterwegs. Und das nicht nur, wenngleich auch ursprünglich, im Wirtshaus. Der Stammtisch kommt überall hin. Und macht sich einen Spaß daraus, mit lebendiger und kraftstrotzender Musizierlust auch genau die Leute aufzusuchen, die mit Volksmusik vielleicht nichts am Hut hatten – bis jetzt.

im Fraunhofer

Vor mehr als zehn Jahren trafen sich die Stammtischmusikanten das erste Mal zum gemeinsamen Aufspielen, damals Exilanten aus allen Ecken Bayerns. Alle zum Studium oder zum Arbeiten in München. Und schon die Ausprobierphase war sehr kreativ, nur nicht unbedingt wohlgeordnet. Mussten doch auch verschiedenste Strömungen bayerischen Lokalkolorits auf einen Nenner gebracht werden. Die Tendenz war dann schnell gefunden: man erfreute sich vor allem an den Klängen aus Niederbayern und der Oberpfalz, was der neuen Gruppierung gleich einen Namen einbrachte. Angetan haben es den Musikanten die Tänze: Landler, Schottische, Dreher und – natürlich – die schönsten Zwiefachen landauf, landab. Für die Melodie sind die Klarinetten und Trompeten zuständig. Die Begleiter spielen auf der Harmonika, Basstrompeten oder Tenorhörnern, der Bass auf Tuba oder Kontrabass. Immer ohne Noten, frei nach Gehör. Das Beste: gesungen wird auch!

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Ganz ursprünglich ist der Niederbayerische Musikantenstammtisch also genau das, wonach er klingt. Nämlich ein lockeres Kollektiv von jungen Leuten, die sich zusammengefunden haben, um Musik zu machen. Angewandte Volksmusik im allerbesten Sinne, aus der Überlieferung, aber auch aus eigener Feder. Gebürtig: aus dem Wirtshaus. Das lässt die Ohren staunen und Herzen und Beine hüpfen. Selten wurde so charmant und groovig aufgespielt. Aber bei aller Nonchalance, der Stammtisch ist auch gut. Richtig gut. Und im Auftrieb, spätestens seit 2007, als den jungen Wilden der renommierte Volksmusikpreis Zwieseler Fink verliehen wurde. Weil es eben auf geht zu neuen Ufern. In frischem Gewand.

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Dass sich das so etablieren würde, hat sich zu Anfang sicher keiner der Musikanten gedacht. Und doch ist dem Niederbayerischen Musikantenstammtisch einiges zu verdanken, er wirkte nämlich initialzündend bis wiederbelebend für eine ganze Reihe von schönen neuen-alten Traditionen. Die Musikantentreffen im Münchner Hofbräuhaus zum Beispiel, die sich seit einiger Zeit größter Beliebtheit erfreuen, seit 2013 sogar ausgezeichnet mit dem „Innovationspreis Volkskultur“ der Stadt München. Und natürlich die frischen „Wirtshausmusikanten“ im Bayerischen Fernsehen. Die ohne den forsch die Wirtsstuben bespielenden Stammtisch kaum möglich gewesen wären, kannte man doch gerade in München schon lange keine Wirtshausmusik mehr, die einfach gemacht wurde, ohne künstlich arrangiert zu sein.

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Volksmusik als lässige Avantgarde? Gut möglich, wenn man beobachtet, wie die alten ostbayerischen Klänge selbst dem abgeklärtesten Großstadtpublikum in die Glieder fahren. Nach einem Abend mit dem Stammtisch sind alle zu rotbackigen, glücklichen, glühenden Volkstänzern geworden. Auf Nachfrage gerne auch mit Anleitung zu richtigen oder zumindest sinnhaften Schrittformationen. So ist für jeden gesorgt, bei jedem Anlass, denn der Stammtisch spielt, wie schon gesagt, ja überall, zu zweit, zu fünft, zu zehnt. Bei Festen mit und ohne Anlass. Man kann ihn für die Hochzeit genauso buchen wie für die schöne Leich'. Aber immer mit vollstem Herzen und aus tiefster Brust.

10 jähriges Jubiläum 2013

Ein Rat noch: auch als frischgekürter Stammtischexperte sollte man beim Tanzen von Zeit zu Zeit die Unterhaltung lieber einstellen, aus Konzentrationsgründen. Auch wenns noch so griabig ist. Netterweise und als Orientierungshilfe hat der Stammtisch die unlängst sogar auf CD (schon die zweite!) gepressten Zwiefachenspezialitäten in Schwierigkeitsgrade eingeteilt. So kann der geneigte Tänzer selbst beurteilen, ob er sich derlei Akrobatik noch zutraut oder bei Stufe „Öha!“ lieber auf dem Bankerl sitzen bleibt. Und selig zuhört. Die schönen Weisen nach Restbayern und in die Welt transportieren, das ist ein Auftrag. Genauso, wie das Entstauben der Volks- und Wirtshausmusik. Man darf den Stammtisch daher nicht nur im weitesten Sinne als Kulturbotschafter verstehen. Frische Volksmusik, überliefert, aber höchst lebendig. Die Freude macht, im Bräustüberl und im Punkschuppen, in klein und in groß.

10 jähriges Jubiläum 2013